Nur Kleinigkeiten?

Den Haien entrann ich.
Die Tiger erlegte ich.
Aufgefressen wurde ich von den Wanzen. (Berthold Brecht)
Ja, so kann es einem im Leben ergehen. Man überlebt gefährliche Situationen, meistert heldenhaft schwierige Aufgaben und scheitert schließlich an den Banalitäten und lästigen Kleinigkeiten des Alltags.

Vor einigen Jahren konnte ich diese Beobachtung in der eigenen Familie machen. Mir nahestehende und geliebte Menschen wurden von einem schweren Schicksalsschlag getroffen, der ihr ganzes Leben für immer veränderte. Sie sind in dieser Situation über sich hinausgewachsen und haben schier Unerträgliches bewältigt. Allerdings bemerkte ich, dass missliche Kleinigkeiten dazu führten, dass sie die „Nerven verloren“. Unpässlichkeiten und Probleme, die im Vergleich zur Katastrophe, die sie erlebt hatten, unbedeutend waren, drohten ihnen die letzte Lebenskraft und Hoffnung zu nehmen.
Auch im eigenen Leben läuft es ähnlich ab. Bei großen Herausforderungen mobilisiere ich alle Kräfte, um diese zu bewältigen. Die Alltagsprobleme hingegen können richtig verhängnisvoll werden und mir den berühmten „letzten Nerv“ rauben. Dazu ein Beispiel: Da gab es eine Person, die mir immer dazwischengeredet hatte, wenn ich mich mit jemandem unterhalten hatte. Dieses Verhalten machte für mich die Gesprächssituation sehr schwierig. Diese kleine Gemeinheit hat mir im letzten Jahr das Leben sehr schwer gemacht.
Oder wer kennt nicht die Tage, an denen scheinbar alles schiefläuft? Man hat verschlafen oder man dreht in der Hektik das Wasser unter der Dusche zu kalt auf. Ein Kaffee geht sich aus Zeitmangel auch nicht mehr aus. Auf der Fahrt zur Arbeitsstelle steht man im Stau, dann findet man keinen Parkplatz und das war’s, denn besser wird der Tag nicht mehr.
 
Es sei denn, man sagt zu sich selber: „ STOPP, mach nicht in der Stimmung weiter, sondern unternimm so bald wie möglich etwas, was dir ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Zum Beispiel:  Ich hole mir jetzt meinen „Gute-Morgen-Kaffee“ oder schaue kurz bei einer lieben Kollegin  vorbei. Gerade vor kurzem haben mir nette Kollegen geholfen, mit so einer Situation fertig zu werden. Diese Geste hat mir so gut getan. Ich habe mich wertgeschätzt und ermutigt gefühlt.
Viele Weisheitslehrer sagen uns immer wieder: „Das Leben besteht aus Augenblicken.“ Für mich bedeutet dies, zu versuchen, im Laufe eines Tages  viele gute Augenblicke zu sammeln. Beispiele wären, wenn ich eine Freundin umarme, mit meinem Nachbarn scherze, meinen Partner anlächle oder mit einem kleinen Kind, das neben mir im Bus sitzt Faxen mache. Auch  die Freude über ein köstliches Kuchenstück, ein bezaubernder Klang, ein nettes Kompliment, sind weitaus kraftvoller, als man denkt.
Am Ende des Tages hängt meine Stimmung davon ab, wie viele schlechte und gute Augenblicke ich  erlebt habe.  Unterschätzen wir nicht die Kleinigkeiten, sie entscheiden darüber, ob ich auf gelungene 24 Stunden zurückblicke oder eben nicht! Das Leben besteht aus Augenblicken. Nicht vergessen!
Eine Träumerin