Das Licht des Frühlings

Die Schriftstellerin Ann Wroe schreibt: „Das Licht des Frühlings ist keinem anderen gleich, denn in ihm liegt zugleich die Helligkeit des Neuen und die Milde des Kommenden.“ Schon mit Lichtmess spüren wir das neue Licht, und wer genau beobachtet, bemerkt, wie sich die Erde auf neues Wachstum vorbereitet, obwohl vielleicht noch Schnee liegt und die Nächte noch sehr kalt sein können. Ich freue mich darauf, dass die dunklen Winternächte bald kürzer werden und hoffe auf Sonne und Wärme.
Auf meinen Spaziergängen sehe ich die unbändige Kraft der Natur. Kleine Pflänzchen drängen durch den Asphalt, die Wurzeln werden wach und bringen uns das Gelb der Zaubernuss und der Forsythien.
Direkt nach der Frühlings-Tag und-Nacht-Gleiche verlängert sich der Tag innerhalb einer einzigen Woche um fast eine halbe Stunde; es tut mir so gut.
Es gibt wohl keine andere Zeit, die meine Seele so sehr in Schwingung versetzt wie der Frühling. Er erfüllt mich mit Farbe und Heiterkeit. Das erste Grün auf den Wiesen, die feinen Knospen der Sträucher, das Sprießen der Frühblüher und jetzt die duftig-zarten Blüten an den Obstbäumen. Ich lebe in einer Gegend, in der es sehr viele Bäume gibt, und die Apfelblüte gleicht einem Feuerwerk, mit dem der Frühling sein Werk krönt. 

Aber auch die Birken haben es mir angetan. Seit jeher sind sie Boten des Frühlings und des Neubeginns. Heute spazierte ich durch einen Birkenhain. Goldschimmerndes Licht fiel durch das zarte Blätterdach auf feines Gras. Oben, in den Kronen, verspieltes Rascheln mit dem Wind, unten, zu Füßen der weißen Stämme, ein federndes Knacken bei jedem Schritt auf weichem Untergrund. Eine ganz besondere Stimmung erfasste mich. Eine Stimmung, getragen von der Verheißung des Neuanfangs und von der Leichtigkeit des Seins.
Gerade jetzt, im Frühling, merke ich, wie sehr ich ein Teil der Natur bin. Man sagt, damit die Natur erblühen kann, braucht es fünf Dinge: fruchtbare Erde, helles Sonnenlicht, Wasser, Luft und Raum. Die gleichen Dinge braucht meine Seele zu ihrer Entfaltung. Auch ich möchte erblühen! Bei diesem Wunsch kommt mir das Zitat von Anaiis Nin in den Sinn: „Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher wurde als das Risiko zu blühen.“
Eine Träumerin