In den Ötschergräben

Letztes Wochenende habe ich mit einer Freundin ein kleines Abenteuer in den Ötschergräben erlebt. Wer hätte gedacht, dass sich mitten in Österreich ein Ort verbirgt, der wie eine Miniaturversion des Grand Canyons wirkt? Aber genau das sind die Ötschergräben – ein tief eingeschnittenes Tal, das seit Jahrtausenden vom Ötscherbach geformt wird.
Unsere Tour startete in Wienerbruck, einem der beliebtesten Einstiege in die Ötschergräben. Es war ein sonniger Morgen, als wir unseren Weg entlang des Stausees begannen, die ersten Schritte voller Vorfreude auf das, was uns erwarten würde. Schon bald führte uns ein gelber Wegweiser nach links, hinein in eine romantische Waldschlucht. Der Weg schlängelte sich auf einem schmalen Steig oberhalb des Lassingsbaches entlang. Es war, als ob wir in eine grüne Oase eintauchten, umgeben von Laub in allen erdenklichen Schattierungen. Farne und Blumen säumten den Weg, und das ferne Brausen des Wassers kündigte bereits an, dass wir uns den ersten Wasserfällen näherten.
Je tiefer wir in die Schlucht vordrangen, desto beeindruckender wurde die Landschaft. Der Weg wurde steiler, führte über Brücken und Stege, durch Tunnel und an Aussichtspunkten vorbei, die atemberaubende Blicke in den Schluchtengrund ermöglichten. Es war, als ob die Natur hier ihre wildeste Seite zeigte. Immer wieder ergossen sich Bergbäche als malerische Wasserfälle in die Tiefe. Links und rechts von uns erhoben sich die Felsen bis zu 250 Meter hoch und ragten fast senkrecht in den Himmel – ein Anblick, der uns immer wieder zum Staunen brachte.
Am Fuße eines besonders beeindruckenden Wasserfalls, dem sogenannten Stierwaschboden, stießen wir auf das Kraftwerk Wienerbruck. Dieses imposante Gebäude ist bis heute in Betrieb, und die Turbinenhalle ist für Besucher zugänglich. Natürlich konnten wir nicht widerstehen und nutzten die Gelegenheit, das Schau-Kraftwerk zu besichtigen. Es war faszinierend zu sehen, wie die Kraft des Wassers in Energie umgewandelt wird, und es gab unserer Wanderung eine ganz besondere Note.
Als wir weitergingen, zeigte sich der Ötscherbach von seiner sanfteren Seite. Das helltürkise Wasser plätscherte friedlich dahin, und wir sahen einige Menschen, die sich im kühlen Nass erfrischten, während andere gemütlich auf ihren Badetüchern lagen und die Sonne genossen. Auch wir gönnten uns eine Pause, setzten uns auf ein Bankerl im Grünen und packten unsere Jause aus. Die Sonne wärmte uns, und für einen Moment fühlte sich alles einfach perfekt an.
Nach dieser kleinen Rast setzten wir unseren Weg fort, diesmal flussaufwärts durch eine enge, verwunschene Landschaft. Vorbei an zahllosen Tümpeln, Kaskaden und bizarren Felsformationen erreichten wir schließlich die Jausenstation Ötscherhias. Diese urige Holzhütte liegt idyllisch an der steilen bewaldeten Flanke über dem rauschenden Bach. Obwohl die Brettljause verlockend klang, beschlossen wir, weiterzugehen, denn der Weg wurde nun merklich steiler. Der Anstieg brachte uns ordentlich ins Schwitzen, doch die Mühe lohnte sich. Oben angekommen, ging es wieder gemütlicher auf der Forststraße weiter, und schon bald erreichten wir das südliche Ufer des Stausees Erlaufklause.
Nach etwa 8 Kilometern endete unsere Wanderung am Bahnhof Erlaufklause, von wo uns die Mariazellerbahn zurück zu unserem Ausgangspunkt brachte. Wir hatten einen ganzen Tag in den Gräben verbracht, ohne die Hitze des Sommertages wirklich zu spüren. Die Ötschergräben hatten uns in ihren Bann gezogen, mit ihrer wilden Schönheit, den rauschenden Wasserfällen und der bunten Flora. Es war ein unvergessliches Erlebnis, das uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Eine Träumerin

PS: Ich mache Pause. Es wird die nächsten vier Wochen keinen neuen Beitrag geben.