Sag’s vielen …

 „Die Waffen nieder. Sag’s vielen … vielen.“

Das sollen die letzten Worte gewesen sein, die Bertha von Suttner auf ihrem Sterbebett gesagt hat.
Sie, die im Jahr 1905 als erste Frau den Friedensnobelpreis erhielt, war Pazifistin mit ganzem Herzen. Sie lebte für ihr Bestreben, den Weltfrieden zu sichern.
„Darum ist es notwendig, dass überall dort, wo Friedensanhänger existieren, dieselben auch öffentlich als solche sich bekennen und nach Maßstab ihrer Kräfte an dem Werke mitwirken.“
Den Worten von Bertha von Suttner folgend, bekenne ich mich als Pazifistin – und ich werde noch einige Blogartikel zu diesem großen Thema schreiben, in denen verschiedene berühmte Persönlichkeiten zu Wort kommen. Heute beginne ich mit Mark Twain.
Das Kriegsgebet (von Mark Twain)
In einer „Zeit großer und erhebender Erregung“, als „in jeder Brust das heilige Feuer des Patriotismus brannte“, von jeder Kanzel der Dienst für Fahne und Vaterland gepredigt und für den Sieg der (eigenen) Truppen gebetet wurde, betrat ein alter Mann eine dieser Kirchen, schob den Priester beiseite und sagte mit tiefer Stimme, er sei von Gott beauftragt, nunmehr dieses Kriegsgebet zu sprechen:
**„Herr, unser Vater, unsere jungen Patrioten, Idole unserer Herzen, ziehen hinaus in die Schlacht. Sei ihnen nahe! Im Geiste ziehen wir mit ihnen hinaus, weg vom lieblichen Frieden unserer Herdfeuer, um den Feind zu zerschlagen.
O Herr, unser Gott, hilf uns, den Feind mit unseren Granaten in blutige Fetzen zu schlagen; hilf uns, ihre lachenden Felder mit den bleichen Gesichtern ihrer toten Helden zu bedecken. Hilf uns, den Donner der Geschütze mit den Schreien ihrer Verwundeten zu übertönen, die sich in Schmerzen krümmen. Hilf uns, ihre bescheidenen Heime im Feuersturm zu zerstören. Hilf uns, die Herzen ihrer Witwen mit nie dagewesenem Leid zu bedrücken.
Hilf uns, die Obdachlosen mit ihren kleinen Kindern von der Tür zu weisen, die in ihrem vernichteten Land zerlumpt und hungrig und durstig umherwandern, der Sonne Feuer im Sommer und den eisigen Winden im Winter ausgesetzt; zerschlagenen Geistes, von Trauer verzehrt, Dich anflehend um Zuflucht im Grab. Aber auch das ist ihnen versagt – um unsertwillen, die Dich loben und ehren.
Herr, zerschmettere ihre Hoffnungen und ihr Leben, verlängere ihre bittere Pilgerschaft, mach ihre Schritte schwer und begieße ihre Wege mit Tränen, beflecke den weißen Schnee mit dem Blut ihrer wunden Füße!
Wir bitten Dich im Geist der Liebe – Dich, die Quelle der Liebe, Dich, den immer getreuen Freund aller, die Dich suchen mit demütigen und zerknirschten Herzen. Amen.“**
Und nach einer Pause sagte der Fremde:
„Ihr habt darum gebetet. Wünscht ihr es dennoch, so sprecht! Der Bote des Höchsten wartet.“
Später wurde behauptet, dieser Mann sei irrsinnig gewesen, weil das, was er sagte, sinnlos sei.
Mark Twain schrieb Das Kriegsgebet als Antwort auf den Krieg der USA gegen die Philippinen (1899–1902). Der Text wurde von seinen Verlegern als „zur Veröffentlichung ungeeignet“ bezeichnet und konnte erst 1923 gedruckt werden.
Ich finde, der Text ist eine schonungslose Abrechnung mit jenen Menschen, die ihre Religion für solche Zwecke entfremden.
Eine Träumerin
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