Ausbruch aus der Komfortzone
Vor einigen Jahren beschloss ich in der Fastenzeit, auf das Auto zu verzichten. Natürlich überlegte ich mir, wie ich diesen Vorsatz in meinem Alltag am besten umsetzen könnte. Mein Plan sah folgendermaßen aus, den Weg zur Arbeit würde ich zu Fuß zurücklegen. In meiner Vorstellung war das perfekt, ich hätte damit meine 10.000 Schritte an der frischen Luft absolviert und auf dem Weg lagen drei Lebensmittelgeschäfte, in denen ich meine Einkäufe erledigen konnte. Treffen mit meinen Freunden und Freundinnen würden bei mir stattfinden oder sie müssten mich in diesen sechs Wochen abholen, wenn wir ausgehen wollten. Da an den Sonntagen nicht gefastet werden muss, konnte ich an diesen Tagen mit dem Auto meine Familie besuchen und die benötigten Sachen zur Arbeitsstelle bringen, damit ich sie nicht mitschleppen musste. Ich hatte mir alles gut überlegt und trotzdem scheiterte ich grandios.
Woran hatte es gelegen Wahrscheinlich daran, dass es eine nasskalte, windige erste Woche gewesen war, ich kein Fahrrad besaß und ich schlicht und einfach zu bequem war.
Es fiel mir schwer, um 5:30 Uhr aufzustehen. In der Dämmerung bei ungemütlichem Wetter mit Tasche und Regenschirm 40 Minuten zur Arbeit zu gehen, machte keinen Spaß. Natürlich hätte ich auf den Bus ausweichen können, aber auf einen mit Schülern überfüllten Bus hatte ich schon gar keine Lust. Als es am dritten Tag in Strömen regnete, fuhr ich mit dem Auto zur Arbeit, schließlich wollte ich nicht völlig durchnässt dort ankommen.
Das mit dem Einkaufen klappte auch nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Denn mit zwei Taschen und einem Regenschirm in der Hand nach Hause zu marschieren war wirklich beschwerlich. Als ich dann beim Kochen bemerkte, dass eine Zutat fehlte, stieg ich kurzerhand ins Auto und holte sie mir vom Geschäft, denn es freute mich gar nicht, wieder eine halbe zu Stunde zu gehen, dazu war ich viel zu hungrig.
Ein paar Tage später gab es einen interessanten Vortrag, den ich unbedingt hören wollte. Ich hätte mit dem Öffis fahren können, allerdings gab es keine mehr zurück, und 35 Minuten in der Nacht zu Fuß gehen, wollte ich auch nicht, also benützte ich wieder mein Auto. Nach 10 Tagen gab ich mein Projekt „40 Tage ohne Auto“ auf.
Vielleicht hätte ich es durchgezogen, wenn es ausschließlich schönes, mildes Frühlingswetter gegeben oder wenn ich ein Fahrrad besessen hätte. Aber das sind nur Ausreden. Ich scheiterte an meiner Bequemlichkeit. Den Ausbruch aus meiner Komfortzone schaffte ich nicht. Mit dem Auto ging vieles einfacher, schneller und man musste weniger planen. Mir taten die Menschen leid, die kein Auto besaßen, da in meinen Augen ihr Alltag viel beschwerlicher war.
Es erschreckte mich auch zu erkennen, wie bequem und verweichlicht ich geworden war. Ich konnte 40 Tage auf Süßes verzichten und mir dabei stolz auf die Schulter klopfen, weil ich mich beherrschen konnte. Aber sobald es ungemütlich oder anstrengend wurde, machte ich mich auf die Suche, wie ich es mir leichter machen konnte. Meine Zauberworte hießen und heißen noch immer: bequem, gemütlich, komfortabel, leicht, unangestrengt, angenehm, mühelos, behaglich, einfach gut …
Eine Träumerin