Kunsthandwerk vom Feinsten
Bei meiner Suche nach Bildern für mein Visionboard entdeckte ich zufällig ein Bild, das sofort mein Interesse weckte. Durch meine Recherche im Internet erfuhr ich, dass das Objekt auf dem Bild eine Kintsugi-Schale war.
Kintsugi (goldene Verbindung) ist ein japanisches Kunsthandwerk, das zerbrochenes Porzellan repariert und die Bruchstellen mit Gold veredelt. Statt den vermeintlichen Makel der Reparatur, so gut es geht zu verbergen, wird dieser besonders betont und in den Fokus gerückt. Für mich strahlt diese Schale Individualität, Kraft und Heilung aus.
Der Kintsugi-Prozess ist aufwendig, erfordert Geduld und Sorgfalt. Behutsam werden die Scherben aufgesammelt, aufgelegt und wie ein Puzzle zusammengesetzt. Fehlendes wird ergänzt, die Bruchstellen werden verklebt und die Schale bekommt ihre alte Form wieder.
Ganz wesentlich sind die Ruhe und Zeit, die für das Trocknen benötigt werden. Der Lack muss aushärten, damit die Schale wieder wasserdicht wird. Im nächsten Arbeitsschritt werden die Bruchlinien gereinigt, geschliffen, lackiert und anschließend mit Gold veredelt. Die vergoldeten Bruchlinien werden nochmals poliert.
Eine Entwicklung, die aus dem esoterischen Bereich kommt, wendet das Prinzip von Kintsugi auch auf die menschliche Psyche an. Wenn unsere Lebenspläne, unsere Gesundheit und Beziehungen in die Brüche gehen, kann uns Kintsugi dabei unterstützen, unsere Scherben aufzusammeln und sie wieder behutsam zusammenzusetzen. Die Abkehr vom Perfektionismus und die Bedeutung vom Faktor Zeit „zur Reparatur“ von Wunden haben eine ganz besondere Bedeutung.
Das Leben hat bei jedem von uns seine Spuren hinterlassen, wir alle haben unsere Narben in und an uns. Sie sind ein Beweis unserer Widerstandskraft und unserer inneren Stärke.
Ich neige dazu, meine Schwerhörigkeit samt der Hörgeräte zu verstecken, denn ich möchte nicht schwach und unfähig wirken. Auch die Geschichte dahinter möchte ich vergessen. Ich musste mir zu viel anhören, dass ich nicht hören wollte. Gleichzeitig hatte zu viel um die Ohren und habe auf die Signale meines Körpers und meiner Seele nicht geachtet.
Heute bin ich dabei, meine Balance wiederzufinden im wahrsten Sinne des Wortes, aber auch im übertragenen Sinne. Ich nehme mir Zeit für mich selbst, kümmere mich um meine Bedürfnisse, verbringe Zeit mit meiner Familie und Freunden, denn sie sind diejenigen, die mich aufbauen und das Beste in mir zum Vorschein bringen. Ich lerne zu akzeptieren, was ist. Meine Narben kann ich nicht mehr verstecken, es sei denn, ich ziehe mich von den Menschen und dem Leben zurück. So übe ich jetzt meine Schwerhörigkeit anzunehmen und in mein Leben und in meinen Alltag zu integrieren und bewusst zu sagen: „Ja, das gehört auch zu mir und ich zeig das her.“ Ich bin dabei, einen Weg zu suchen, wie ich mein Leben freudvoll gestalten kann.