Meditation am See
Endlich ein paar sonnige Frühlingstage! Jeder hat schon sehnsuchtsvoll auf wärmende Sonnenstrahlen gewartet. Das schöne Wetter zieht auch mich hinaus in die Natur. Zur Feier des Tages fahre ich an meinen geliebten See. Ruhig und klar liegt er vor mir. Die blühenden Bäume spiegeln sich im Wasser. Ein paar Spaziergänger gehen die Promenade entlang. Ich sitze auf dem Steg und schaue den Fischen zu und bewundere die schönen, majestätischen Schwäne. Ruhe und Frieden breiten sich in mir aus. Dieser Platz ist ein Kraftort für mich und ich kenne den See und seine vielen Gesichter.
Im Sommer ist viel los auf dem Wasser. Große Ausflugsschiffe fahren ihre Runden, dazu kommt noch eine Vielzahl an Segelbooten, die elegant übers Wasser gleiten. Da sind Surfer, die manchmal sehr waghalsig über den See flitzen, während sich andere auf der Luftmatratze treiben lassen. Ich genieße es, lange Strecken schwimmen zu können.
Ein wunderschönes Erlebnis ist der Sonnenuntergang, wenn der See in das Sonnenlicht getaucht ist. Ein Spaziergang in der Nacht am Ufer entlang hat einen besonderen Zauber. Wenn Mond und Sterne, die über ihm funkeln und von der Wasseroberfläche zurückstrahlen, sieht das besonders romantisch aus.
Der See verändert sich ständig. Wenn es regnet, wird die Oberfläche durch die prasselnden Regentropfen trüb. Seine gefährliche Seite kann man bei Sommergewittern kennenlernen, die Wellen können meterhoch werden. Im Winter ist er ganz still und ruht. Manchmal bildet sich auch eine dünne Eisschicht.
Ich denke an die Seemeditation von Jon Kabat-Zinn und fange an zu meditieren.
Noch immer sitze ich am Steg und beobachte, wie der See sich ständig verändert und gleichzeitig in seinem Wesen immer er selbst bleibt. Ich nehme das Bild des Sees mit all seinen Facetten in mich auf und werde selbst zum See. Dabei fühle ich mich auf dieselbe Weise, wie die Erde das Wasser des Sees hält und umfängt, gehalten. Das Bild des Sees, mein Atem und meine Körperempfindungen fließen ineinander. Dabei erlebe ich Augenblicke der Ruhe, wo die Spiegelungen an der Oberfläche ganz klar sind. Dann tauchen Gedanken auf, die wie der Wind die Wasseroberfläche zum Kräuseln bringen. Meine Gefühle verfärben das Wasser, lassen es trüb werden. Impulse, die von außen kommen, sind wie Regentropfen, die sich mit der Oberfläche verbinden.
So beobachte ich den See in mir. Langsam lasse ich meine Aufmerksamkeit tiefer sinken. Unter der bewegten Oberfläche kann ich die Ruhe und Tiefe des Sees spüren. Ich nehme seine Klarheit und Stille wahr. Ich spüre, wie sich Empfindungen, Gedanken, Gefühle und Geräusche verändern, während ich hier in Stille sitze.
Irgendwann verabschiede ich mich und fahre nach Hause. Das Bild vom See nehme ich mit, um mich im Alltag daran zu erinnern, mich nicht nur mit den Dingen an der Oberfläche zu identifizieren, denn auch die Ruhe, die Klarheit und Stille sind immer da.
Eine Träumerin