Mode, die teuerste Stoffwechselkrankheit der Welt

Trends kommen und gehen so schnell, dass man den Eindruck bekommen könnte, man müsse seine Garderobe drei- oder viermal pro Jahr komplett austauschen. Dieser Mechanismus ist völlig außer Kontrolle geraten. Wir werden mit so vielen Modetrends überschüttet, dass wir gar nicht mehr wissen, was uns gefällt.
Seit einigen Jahren kennen wir die Schattenseiten der Fast Fashion. Neben der enormen Ressourcenverschwendung wird die Umwelt mit Chemikalien vergiftet und die Menschen, die die Kleidung produzieren, rücksichtslos ausgebeutet.
 
Jahrzehntelang war Mode für mich die teuerste Stoffwechselkrankheit der Welt. Jeans, T-Shirts und eine Lederjacke, mehr brauchte ich nicht. Ich ging gerne mit Freundinnen shoppen und probierte so manches aus. Doch die Kleider waren mir zu elegant, die Blusen zu unbequem, die Schuhe zu auffällig, der Blazer zu konservativ. Kurz gesagt, nichts passte, also kaufte ich nichts und sparte Geld. Meine Freundinnen hingegen kauften sich immer mehr vom Gleichen. Diese Shoppingtouren kamen ihnen oft ganz schön teuer. Vor allem, wenn Ausverkauf war, setzte jedes logische Denken aus und selbst schlechtsitzende Kleidung wurde gekauft, nur weil sie so günstig war. Man wird dazu verleitet, Geld auszugeben, ohne nachzudenken.
Aber dann, mit Mitte vierzig habe ich mich plötzlich für Mode und Stil zu interessieren begonnen. Es genügte mir nicht mehr, dass meine Kleidung praktisch, bequem und waschbar war. Ich wollte mich, meine Persönlichkeit, in dem, was ich trage, zeigen. Ich blätterte Fashionmagazine durch, sah mir Fotos von sogenannten Stilikonen an. Auch auf der Straße und an meinem Arbeitsplatz entdeckte ich mutige, kreative und stilvolle Frauen, die mich inspirierten. Ich wollte nicht blind in die Falle der Modeindustrie tappen, die Einheitslooks vorgibt. Die Mode sollte mein Herz und mein Auge erfreuen.
 
Es brauchte Zeit und Geduld, bis ich meinen Stil gefunden hatte. Es hat mir großen Spaß gemacht und ich bin glücklich vor dem Spiegel. Und noch immer trage ich Jeans und T-Shirts, sie gehören einfach zu mir. Was hat sich verändert? Mein Leben ist bunt geworden. Ich habe bemerkt, dass mich klare, kräftige Farben strahlen lassen, während eine dezente Farbwahl mich unsichtbar werden lässt. Die Bedeutung von Schuhen für ein Outfit ist mit bewusst geworden. Sie verleihen dem Ganzen das gewisse Etwas, die gesamte Aufmachung wirkt eleganter oder lässiger. Und ich habe meine Liebe zu Schmuck entdeckt. Vor allem Ohrringe und Armbanduhren sind zu meinen täglichen Begleitern geworden. Mode ist für mich zu einem schönen, inspirierenden Hobby geworden. Was ich trage, drückt aus, wer ich bin und wie ich mich gerade fühle. Mode ermöglicht es mir, mein Inneres nach außen zu tragen. Ich habe Spaß am eigenen Styling und am Blick in den Spiegel.
Das Schlusswort überlasse ich heute Coco Chanel: „Ich bin gegen Mode, die vergänglich ist. Ich kann nicht akzeptieren, dass man Kleider wegwirft, nur weil Frühling ist.“
Eine Träumerin