Nie wieder Krieg – wirklich?


„Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weilt. Alle Menschen sind Geschwister, alle Wesen dieser Welt, unsere Wohnung ist die Erde, unser Dach das Himmelszelt.“ Diese Zeilen aus Friedrich Schillers „Ode an die Freude“, vertont von Ludwig van Beethoven, sind zur Hymne Europas geworden. Unzählige Male erklang sie auf Festen und Feiern der letzten Jahrzehnte – Ausdruck eines gemeinsamen Traums: Nie wieder Krieg.
 
Doch dürfen wir in diesem Traum noch alle Menschen einschließen? Auch die Russen? Beginnt nicht jeder Krieg mit der Dämonisierung der anderen Seite? Ist Putin wirklich der alleinige Bösewicht – und sind EU und USA ausschließlich auf Demokratie und Menschenrechte aus? Wenn zwei Weltmächte aneinandergeraten, ist dann die eine „gut“ und die andere „böse“? Oder geht es nicht vielmehr – wie so oft – um Macht, Einfluss, Territorien und wirtschaftliche Interessen?
Ich fürchte einen neuen Flächenbrand. Ich fürchte, dass wir – wie vor dem Ersten Weltkrieg – schlafwandelnd in eine Katastrophe geraten. Wer aber wird dann kämpfen müssen? Die Wirtschaftsbosse? Die Politikerinnen? Ursula von der Leyen? Nein, sie werden nicht an der Front stehen. Wie immer in der Geschichte wird das blutige Geschäft anderen überlassen – den „Jungs und Mädels“, die „unsere Werte“ verteidigen sollen.
Mir widerstrebt der Gedanke, dass Menschen für ein Weltbild geopfert werden. Ich glaube nicht daran, dass es in diesem geopolitischen Ringen um Demokratie geht. Und nein – ich bin kein Putin-Verteidiger. Ich versuche nur, Pazifistin zu sein. Auch wenn man mich dafür eine naive Träumerin nennt. Der Pazifismus macht Fehler, ja – aber er hinterlässt weniger Tote.
Ein Zitat, das mich erschüttert, stammt von Hermann Göring:
„Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg… Das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen… Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel am Patriotismus vorzuwerfen…“
So zynisch diese Worte sind – ich fürchte, sie sind aktuell wie nie. Der Historiker Sönke Neitzel spricht vom „letzten Friedenssommer für uns Deutsche“. Bundesverteidigungsminister Pistorius fordert, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden.
In Europa wird wieder aufgerüstet. Und ich frage mich: Wer kann mir erklären, dass 100 Milliarden für Waffen wichtiger sind als 100 Milliarden für Leben? Dieses Geld fehlt für Umwelt, Pflege, Bildung, soziale Gerechtigkeit.
Papst Franziskus mahnt: „Folgt nicht der Logik der Waffen und Aufrüstung. Frieden wird nicht mit Waffen geschaffen, sondern indem man die Hände ausstreckt und die Herzen öffnet.“
Ich habe die Erzählungen meines Großvaters über den Zweiten Weltkrieg gehört. Ich möchte nicht erleben, dass erneut deutsche Panzer Richtung Moskau rollen.
John F. Kennedy sagte einst:
„Unsere Probleme sind von Menschen geschaffen – deshalb können sie auch von Menschen gelöst werden. Die Größe, die der menschliche Geist erreichen kann, bestimmt der Mensch selbst.“
Politiker mit solch einem Geist wünsche ich mir.
Wir haben lange geglaubt, Frieden sei selbstverständlich. Jetzt, wo täglich Kriegstrommeln ertönen, merken wir: Frieden ist ein kostbares Gut – und er braucht Pflege. Mahatma Gandhi sagte: „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Friede ist der Weg.“
Mit Betroffenheit lese ich ein weiteres Gandhi-Zitat:
„Ein christliches Europa hat es nie gegeben. Man verehrt dort nicht Gott, sondern nur das Geld. Und deshalb ist von diesem Kontinent ein Krieg nach dem anderen ausgegangen statt der Botschaft des Friedens.“
Ich möchte mit einem Satz von John Lennon enden:
„All we are saying is: give peace a chance.“
Eine Träumerin