Verliebt, wieder verliebt

Ich bin verliebt in die beiden Kätzchen meines Patenkindes. Mit einem Lächeln auf den Lippen und im Herzen schaue ich ihnen bei ihrem übermütigen Spiel zu. Dank meiner Hörgeräte höre ich ihr Schnurren, das mich ungemein beruhigt. Wenn sie müde sind, streichle ich ihr seidiges Fell und bin einfach glücklich. Als ich ein Kind war, hatten wir immer Katzen, ich bin mit ihnen aufgewachsen. Heute lebe ich in meiner Wohnung ohne Katze, da dieser Raum kein geeigneter Lebensraum für sie ist. Ich liebe Katzen, und das sagt viel über mich aus.
„Menschen, die Katzen lieben, meiden Machtbeziehungen. Befehlen ist ihnen widerwärtig. Sie träumen von einer ruhigen und sanften Welt, in der alle friedlich zusammenleben. Sie möchten sein dürfen, was sie sind, ohne dass man es ihnen zum Vorwurf macht. Menschen, die Katzen lieben, sind geschickt darin, Konflikte zu vermeiden, und können sich sehr schlecht wehren, wenn man sie angreift. Sie ziehen es vor zu schweigen, auch auf die Gefahr hin, für feige gehalten zu werden. Sie neigen zum Rückzug in sich selbst, zu einer gewissen Andächtigkeit. Sie sind ihren Kindheitsträumen treu geblieben, die sie niemandem zu offenbaren wagen. Sie fürchten die Stille nicht.
Menschen, die Katzen lieben, bewundern deren Unabhängigkeit, weil sie ihre eigene Freiheit gewährleistet. Sie ertragen keine Beschränkungen, weder bei sich noch bei anderen. Sie sind so stolz, dass jene, die sie lieben, sich jeden Tag frei für sie entscheiden sollen und jederzeit gehen könnten, ganz ohne verschlossene Türen, Leinen, Verhandlungen. Und sie träumen natürlich von einer unbemühten, selbstverständlichen Liebe und davon, dass man sie nie verlässt. Sie wollen nichts erzwingen; sie möchten, dass alles aus freien Stücken gegeben wird.
Menschen, die Katzen lieben, hätten es gerne, wenn man sie auf die gleiche Weise liebt, dass man sie immer schön und sanft findet, sie oft streichelt, sie nimmt, wie sie sind, mit ihrer Faulheit und ihrem Egoismus, und dass ihre bloße Gegenwart als Geschenk empfunden wird. Da sie bezweifeln, selbst Gegenstand einer derartigen Liebe werden zu können, schenken sie sie den Katzen.
Menschen, die Katzen lieben, setzen oft ein übertriebenes Vertrauen in die Intuition. Vor der Reflexion kommt der Instinkt. Das Individuum und seine persönlichen Vorzüge gehen ihnen über alles. Allgemeine Entwicklungen, große Strömungen, Meinungsumschwünge, leidenschaftlich begeisterte Menschen wecken in ihnen dasselbe vorsichtige Misstrauen wie ein undefinierbarer Futternapfinhalt bei einer Katze. Und sollten sie sich von ihrer Überzeugung doch einmal zu Engagement hinreißen lassen, bleibt ein Teil von ihnen auf der Hut, immer bereit zum Rückzug auf das ganz private Territorium der Ideale. Wie ihre Gefährten schwanken sie immer zwischen dem Pakt mit der Gesellschaft und dem freien Leben in ihrer Fantasie.
Menschen, die Katzen lieben, frösteln leicht. Sie sind sehr trostbedürftig. Aus vielerlei Gründen. Sie tun so, als seien sie erwachsen, und hegen den heimlichen Wunsch, niemals erwachsen zu werden. Ich meine beobachtet zu haben, dass Menschen, die Katzen lieben, häufig so sind… Ich liebe Katzen.“
Obwohl ich diesen Text nicht selbst geschrieben habe, erkenne ich mich darin wieder. Die Menschen, die mich nur oberflächlich kennen und diesen Text lesen, werden mich vielleicht jetzt besser verstehen. Und jene, die mich gut kennen, werden wahrscheinlich beim Lesen oft genickt und sich gedacht haben: „Ja, genau so ist sie.“
So bin ich – und noch vieles mehr!
Eine Träumerin.
(Der Text stammt aus dem Buch  „Das Glück, von einer Katze gefunden zu werden“ von Anny Duperey.)