Wer den Frieden will, muss den Frieden vorbereiten.

Viele sagen: Ich will meine Ruhe! Ich halte mich heraus! Was geht das mich an? Lasst mich in Frieden! Wer das sagt, hat oft genug seine Gründe. Der Alltag ist laut, die Welt fordernd, das Leben voll. Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden ist ein Zustand des aktiven Miteinanders. Er will gestaltet, gelebt, geübt werden – mit neuen Vokabular: einsetzen, verändern, erneuern, miteinander, füreinander, vorwärts, Menschheit, Welt, Zukunft.
Gerade jetzt – in einer Zeit, in der der Ton rauer wird, die Gesellschaft gespaltener, die Welt unsicherer – brauchen wir eine neue Friedensbewegung. Nicht nur auf Plakaten oder in Reden. Sondern im Denken, im Fühlen, im Handeln. In der Politik, ja – aber ebenso im Persönlichen, im Zwischenmenschlichen. In der Familie, im Kollegium, in der Nachbarschaft, in der Art, wie wir über andere reden. Und denken.
Frieden beginnt da, wo ich bereit bin, hinzuschauen. Auch auf das, was in mir selbst manchmal brodelt.
Doch das ist nicht leicht. Denn der Mensch ist auch ein Wesen der Aggression. Warum das so ist, darüber streiten sich die Wissenschaften. Ist es Natur? Nachahmung? Enttäuschung? Ganz gleich, was der Ursprung ist – wir können Verantwortung übernehmen für unser Verhalten. Für das, was wir in die Welt tragen.
Ich will eine reife Persönlichkeit sein.
Eine, die ihre Gefühle kennt und nicht verdrängt. Eine, die Wut in Energie verwandeln kann. Eine, die ihre hellen Seiten stärkt – und den Schatten nicht ausblendet.
Dazu fällt mir die Geschichte von den zwei Wölfen ein. Vielleicht kennst du sie:
Ein alter Cherokee erzählt seinem Enkel von zwei Wölfen, die in jedem Menschen wohnen.
Der eine ist böse – voller Zorn, Gier, Neid, Selbstmitleid und Arroganz.
Der andere ist gut – erfüllt von Mitgefühl, Hoffnung, Güte, Liebe und Demut.
Auf die Frage des Enkels, welcher Wolf gewinnt, antwortet der Großvater:
„Der, den du fütterst.“
Diese Geschichte berührt mich jedes Mal aufs Neue. Denn sie erinnert mich daran: Ich habe eine Wahl. Jeden Tag.
 
 
Albert Einstein – ein Mann, den wir oft nur als genialen Wissenschaftler sehen – war auch ein tief fühlender Humanist. Einer, der sich für den Frieden einsetzte. Für soziale Gerechtigkeit. Für Verantwortung.
Er hat in wenigen Sätzen etwas formuliert, das mich nicht mehr loslässt:
„Ein Mensch ist ein Teil des Ganzen, das wir Universum nennen – ein in Raum und Zeit begrenzter Teil.
Er erfährt sich selbst, seine Gedanken und Gefühle als etwas vom Rest Getrenntes – eine Art optische Täuschung des Bewusstseins.
Diese Täuschung ist für uns eine Art Gefängnis. Sie beschränkt uns auf unsere persönlichen Wünsche und auf die Zuneigung zu nur wenigen uns nahestehenden Personen.
Unsere Aufgabe muss darin bestehen, uns aus diesem Gefängnis zu befreien, indem wir den Kreis unseres Mitgefühls ausweiten – alle lebenden Wesen und die ganze Natur in ihrer Schönheit umfassend.
Der wahre Wert eines Menschen wird bestimmt durch den Grad und die Tiefe, in dem er sich aus diesem Gefängnis befreien kann.
Wir müssen eine völlig neue Denkweise entwickeln, wenn die Menschheit überleben will.“
Frieden beginnt also dort, wo wir uns verbunden wissen – mit den Menschen um uns, mit der Erde, mit allem Lebendigen. Wenn wir das erkennen, verändert sich unser Blick auf die Welt. Dann wird aus Gleichgültigkeit Achtsamkeit. Aus Abgrenzung wird Verbundenheit.
Wenn wir wirklich Frieden wollen, müssen wir ihn vorbereiten.
Indem wir ihn denken.
Indem wir ihn fühlen.
Indem wir ihn leben.
Heute. Und immer wieder neu.
Eine Träumerin