Winterfreuden

Eigentlich mag ich den Winter nicht. Am liebsten würde ich diese Zeit im Winterschlaf verbringen. Die Dunkelheit und Kälte verursacht bei mir Unbehagen. Durch das fehlende Licht breitet sich Melancholie in meinem Herzen aus und die Kälte kriecht mir in die Knochen.
Ich ziehe mich in meine warme Stube zurück und nütze die Zeit des scheinbaren Stillstandes, um innezuhalten und in mich zu gehen. Dabei ist die Natur mir Vorbild, auch in ihr zieht sich das Leben zurück, findet Ruhe, Erholung und schöpft neue Kräfte. Es ist faszinierend, dass am tiefsten Punkt der Dunkelheit, der Kälte und des Rückzuges zugleich das Neue mit dem Wiederkommen des Lichtes und der Wärme beginnt. In den Zwiebeln und den Samenkörnern, die tief in der Erde sind, beginnt sich das Leben zu regen.
Um meine Melancholie im Winter immer wieder zu durchbrechen, habe ich eine Liste, auf der meine Highlights für diese kalte, dunkle Zeit aufgeschrieben sind. Ich freue mich auf mehr Zeit zuhause und weniger To-dos auf dem Zettel.
Auf meiner Liste stehen:
vor dem Kaminofen sitzen und im Feuerschein meditieren
endlich die neue Ausstellung im Museum erkunden
ein Fotoalbum mit den Fotos des Sommers zusammenstellen
Kinoabende und Saunabesuche mit Freundinnen
neue Suppenrezepte ausprobieren
mit einem Punsch in der Hand am Fenster sitzen und dem Treiben der Schneeflocken zusehen
Spaziergänge in der verschneiten Landschaft
Ich mache jeden Tag etwas, auf das ich mich freuen kann, und so habe ich noch jeden Winter überstanden.
Letzte Woche lag schon etwas Frühling in der Luft. Gut eingepackt, genoss ich vor ein paar Tagen die ersten warmen Sonnenstrahlen auf meinem Balkon. Eine große Sehnsucht nach dem Frühling machte sich in mir breit. Plötzlich waren ein paar Zeilen eines Gedichtes von Novalis in meinem Kopf. Wie bei einem Ohrwurm ließen mich die Worte nicht mehr los und ich wiederholte und wiederholte sie im Geiste.
Wer Schmetterlinge lachen hört,       
der weiß, wie Wolken schmecken,
der wird im Mondschein, ungestört
von Furcht die Nacht entdecken.
Der wird zur Pflanze, wenn er will,
zum Tier, zum Narr, zum Weisen,
und kann in einer Stunde
durchs ganze Weltall reisen.
Er weiß, dass er nichts weiß,
wie alle andern auch nichts wissen,
nur er weiß, was die anderen
und er noch lernen müssen.
Wer Schmetterlinge lachen hört, …
Eine Träumerin